Verzeih mir, wenn ich das jetzt etwas übertrieben darstelle: Du kennst den Unterschied zwischen Sucher und Objektiv, du hast ein Gefühl für das Motiv, den Blickwinkel und die Stimmung und du möchtest aus Deinem Hobby ‚Fotografieren‘ endlich Geld machen. Dann habe ich hier eine der stärksten Waffen des Fotografen für Dich: Die Panoramafreiheit und wie das alles miteinander zusammenhängt.

Also: Eigentlich kannst du ja alles knipsen, was du willst. OK, manchmal solltest du dann auch gut rennen und dich schnell verstecken können. Aber du willst Deine Bilder ja auch anderen Menschen zeigen dürfen und sie vielleicht sogar kommerziell nutzen. Dann solltest du von ©opyright und Markenrecht zumindest ein wenig Ahnung haben und wissen, dass man angebissene Äpfel auf elektronischen Geräten meiden sollte. "Berlin City Nights" by Matthias Haker (IG 8170-POD)Du solltest den Unterschied zwischen dem geistigen Eigentum anderer und dem Schaffen deiner eigenen Hände unterscheiden können. Vielleicht solltest du auch schon mal Modell-Verträge und Einverständniserklärungen für Bilder deiner Mitmenschen mit in die Kameratasche einpacken. Und, du solltest das Panoramarecht in Deutschland kennen und schätzen.

§ 59 UrhG ‚Werke an öffentlichen Plätzen‘ (1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.

Was heißt das? Ich darf alles fotografieren, was ich sehen kann, wenn ich mich auf einem öffentlich zugänglichen Weg, Straße, Platz oder allgemein gesprochen an einem öffentlich zugänglichen Ort befinde. Dies ist übrigens auch die Grundlage für Googles StreetView. Aber: Betrete ich einen Ort über eine Tür, durch eine Sperre, eine Absperrung, dann muss ich davon ausgehen, dass der jetzt folgende Bereich nicht öffentlich ist. Dies gilt erst recht, wenn ich Eintritt zahlen muss.

Der Sonnenaufgang im Nationalpark, der Sonnenuntergang über dem Meer, die Alpen mit Regenbogen? Alles kein Problem. Das ist öffentlich zugänglich, das gehört keinem, bzw. uns allen. Das Brandenburger Tor vom Pariser Platz aus, die Elbphilharmonie von den Landungsbrücken in Sankt Pauli oder die Münchner Frauenkirche von der Augustinerstraße aus? Ja. Du befindest dich dabei auf öffentlichen Plätzen! Du darfst.

Fotografieren aus dem Wohnungsfenster (siehe Hundertwasserhaus-Entscheidung des BGH), von Privatgelände aus oder innerhalb von Gebäuden und diese Fotos dann verwerten? Das ist nicht immer erlaubt und die daraus entstandenen Bilder sind abmahnfähig. Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen zudem auch nur ohne Hilfsmittel fotografiert werden: Dazu zählt das Benutzen einer Leiter oder eines Tele-objektives. Auch der Einsatz von Drohnen oder das Fotografieren vom Flugzeug aus gilt als unzulässig.

Auch das „WAS“ ist in manchen Fällen kritisch: Militärische Einrichtungen sind ein Tabu, oft gehören dazu auch versorgungstechnisch neuralgische Einrichtungen. So machte ich auch schon Bekanntschaft mit dem Werkschutz einer Raffinerie und mußte unter Aufsicht und mit Androhung der Polizei alle meine Aufnahmen löschen. Genauso: Mit ausgestrecktem Arm über den Zaun eines FKK-Geländes zu knipsen ist sowohl unfein, verletzt erheblich Persönlichkeitsrechte und sollte daher tunlichst unterlassen werden, selbst wenn du dich dabei auf einer öffentlichen Straße befindest.

Auch solltest du darauf achten, dass dein Motiv ‚bleibend‘ ist. Das bedeutet, sich mindestens ein Jahr am selben Fleck befindet. Denkmäler sind OK, die laufen nicht weg. Die Verhüllung des Reichstages (zwei Wochen Dauer) zu knipsen und zu vermarkten ist dagegen nicht erlaubt, weil, eben, eine nicht bleibende Installation.

Ach ja, und die kommerzielle Nutzung: Streng an die Regeln solltest du Dich halten, wenn du aus deinen Bildern Postkarten oder Fotos machst, um diese zu verkaufen. Auch Deine private Webseite kann eine kommerzielle Nutzung sein, wenn du darauf Werbebanner zulässt. Selbst das Hochladen auf Facebook oder Instagram kann kritisch werden, denn an den Seiten verdienen Menschen Geld und das ist kommerziell. 

Eine letzte Einschränkung: Die Panoramafreiheit, wie ich sie beschrieben habe, gilt in Deutschland. Punkt. Andere Länder haben so etwas manchmal auch, aber jedes Land regelt das nach eigenem Interesse. In manchen skandinavischen Ländern darfst du auch in Museen drauflos fotografieren, in England und Irland ist die Panoramafreiheit gar nicht geregelt, in Frankreich ist sie sehr eingeschränkt. Sich vorher über die landesspezifischen Gegebenheiten zu informieren, hat noch keinem geschadet und nachfragen hilft immer weiter und man bekommt manchmal die tollsten Tipps.

Aber: Lass Dich von all den Einschränkungen nicht abschrecken. Die Panoramafreiheit ist ein Recht. Sie ist eine der stärksten Waffen des Fotografen. Es gilt sie zu verteidigen, überall wo es sie gibt und auszubauen, wo wir dies noch nicht haben!

Und zuletzt (du hast das bestimmt schon geahnt): Natürlich ist dies keine gültige Rechtsauskunft und natürlich kannst du dich nicht auch nicht auf uns berufen. Auch wir sind Menschen und machen Fehler, auch wenn wir dies zu vermeiden versuchen.

 

Habe ich Dich mit diesem Thema ‚angefixt‘? Willst du mehr darüber wissen? Dies sind unsere Quellen und hier kannst du Dich weiter informieren:

 

Wikipedia: Panoramafreiheit 
https://de.wikipedia.org/wiki/Panoramafreiheit

Medienrecht und Urheberrecht: Rat von Fachleuten
https://www.medienrecht-urheberrecht.de/fotorecht-bildrecht/159-fotografieren-in-der-oeffentlichkeit-panoramafreiheit.html

22places: Panoramafreiheit in der Fotografie
https://www.22places.de/panoramafreiheit-fotografie/

Exemplarisch: Der Prozess um Kunstdrucke vom Hundertwasserhaus
https://de.wikipedia.org/wiki/Hundertwasserentscheidung

§59 UrhG: Das Gesetz im Wortlaut
https://dejure.org/gesetze/UrhG/59.html

Meine persönliche Empfehlung: #INCOMMUNICADO: (kostenlos, frei, gratis)
Ein Hörbuch in mehreren Folgen zur Geschichte des ©opyright: absolut hörenswert, innovativ und informativ:

http://www.mokita.de/blog/tag/incommunicado/

Amazon.de: Recht für Fotografen - Der Ratgeber für den fotografischen Alltag
https://www.amazon.de/Recht-f%C3%BCr-Fotografen-Ratgeber-fotografischen/dp/3836245272/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1552302585&sr=8-1&keywords=9783836245272  

IG-Team.de: Das Themen-Bild zu diesem Artikel ist:
‚New York the Polish Embassy I' von Ralf Uicker, IG 7008-POD
https://ig-team.de/suche/ig%207008-pod/ig%207008-pod/

 

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